Auf der Suche nach dem besten Pecorino oder mein Proust-Trick für Instant-Toskana-Feeling

Wer häufiger auf Luxurylovers ist, kennt meine Passion für die Toskana bereits. Abseits der Massenströme in Florenz und Siena gibt es sie noch: meine Toskana bzw. mein Idealbild der Toskana als Land der Sehnsucht und Mythen inklusive aller (auf Reisen liebe ich sie) Klischees von der bukolischen Schafherde vor dem Olivenhain bis hin zu den Weinbergen, sanften Hügeln, Zypressenalleen, Renaissancevillen, trutzigen Steindörfchen etc. Meine Toskana: Zauberhaft und voll mit Orten, die es zu entdecken gibt. Auf Luxurylovers teile ich diese simplen Dinge und hoffe, dass der ein andere Tipp des simplen Luxus, um den es hier geht, eure Entdeckerlaune weckt.

A simple landscape (Luxurylovers)


Wenn ich reise, möchte ich das Land förmlich schmecken und deshalb ist Kulinarik für mich immer ein ganz wichtiger Punkt. Denke ich an eine vergangene Reise, habe ich stets auch einen typischen Geruch in der Nase oder eben einen typischen Geschmack auf der Zunge, den ich mit dem besuchten Ort verbinde. Besonders schön ist es, diese Düfte und Geschmäcker mit in den Alltag zu bringen, in Form von Seifen, getrockneten Blumenbouquets und natürlich Spezialitäten, die man vor Ort in kleinen schnuckeligen Läden erstanden hat. Das ist der Proust-Trick, angelehnt an den Helden aus 'Auf der Suche nach der verlorenen Zeit', der durch den Genuss einer Madeleine wieder zurück in seine Kindheit katapultiert wird und damit die verlorene Zeit wieder findet. Ich konserviere mir auch die schönen Erlebnisse, indem ich Erinnerungsstücke von Reisen und Erlebnissen regelrecht horte. 

Ein typisch Proustsches Erlebnis hatte ich jüngst beim Genuss eines Stücks sahnigen Pecorino, der mich sofort in die Kulisse "meiner Toskana" mit all den mit ihr verbundenen Erinnerungen versetzte. Wenn es den Pecorino-Himmel gibt, dann befindet er sich gewiss im Goldenen-Käse-Dreieck zwischen dem Renaissance-Puppenkasten Pienza, der Weinstadt Montepulciano und Torrita di Siena und hört auf den Namen CU-GU-SI - diese drei Silben sind Wohlklang in meinen Ohren. Ein kleiner unscheinbarer Pfad führt kurz vor Montepulciano zum von hügeligen (was sonst) Wiesen umgebenen Hofladen der Famiglia Cugusi.

Ursprünglich aus Sardinien stammend (die Sarden sind die Schafskäseexperten im Mittelmeerraum) macht die Familie Cugusi seit den 1920er Jahren in Pecorino. Der Pecorino stammt von den Schafen, die auf den umliegenden Weiden grasen, wird direkt im Keller des Hauses gelagert und reift dort je nach Qualität bis zu 22 Monate. Dieser ältere Pecorino, die sogenannte "Gran Riserva" ist natürlich ein Traum, hat aber auch ihren Preis. Nicht minder köstlich sind die nur ein paar Wochen alten Laibe, entweder ganz puristisch aus Schafsmilch oder raffiniert mit Pfefferkörnern, Gewürzen oder Tomate abgespicet. Praktisch für Reisende: der Käse wird direkt eingeschweißt und kann so leicht transportiert werden. Optimal also als Mitbringsel oder für den Eigengebrauch.  

Wer es wie ich nicht erwarten kann und den Käse direkt vor Ort verkosten möchte, nimmt sich einfach ein kleines Picknickkörbchen gefüllt mit Leckereien und verspeist diese direkt mit Blick auf die Kulisse des idyllischen Städtchens Montepulciano und seiner bezaubernden Kapelle.


Aussicht auf Montepulciano
Mein Tipp: der hauseigene Ricotta, der nichts mit dem Zeug zu tun hat, was man hier zur Ort meist zu kaufen bekommt. Dazu etwas Honig oder Marmelade aus dem Hofladen und die Toskana ist wie eingangs beschrieben einen Moment lang auf der Zunge und noch länger im Gedächtnis. Wer von Pecorino nicht genug bekommen kann, aber auch etwas für seine Bildung tun will, dem sei anschließend noch ein Spaziergang durch das Nähe Pienza empfohlen. Dieses Renaissance-Städtchen reinster Güte wird viel zu oft nicht genug Tribut in den gängigen Reiseführern gezollt. Das ist schade und deshalb breche ich hier die Lanze für Pienza. Nicht umsonst ist die Stadt seit 1996 Weltkulturerbe. In der Renaissance unter Papst Pius  II wurde Pienza zur Utopie einer idealen Stadt umgebaut. Der zentrale Platz mit dem Dom, Palastbauten und dem Rathaus ist definitiv sehenswert. Und bei aller Schwelgerei in städtebaulicher Perfektion nicht vergessen, warum wir eigentlich hier sind: Pecorino, der aus jedem zweiten Schaufenster in atemberaubender Vielfalt wie ein kleines Kunstwerk dargeboten wird. Was ist dagegen der weihnachtliche Hype um das schönste Schaufenster unter den New Yorkern Kaufhäusern, denke ich noch, und fange laut an zu singen "Heaven, I'm in Heaven, Pecorino Heaven..." 

Adresse
Cugusi
Via della Boccia, 8
53045 Montepulciano
www.caseificiocugusi.it


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